Berichte von Schülern und Dozenten (2)

Veröffentlicht: Sonntag, 22. April 2018 Drucken

Teil I

Als 2006 der Partnervertrag zwischen der Staatlichen Kuban-Universität und der Walter-Eucken-Schule unterzeichnet wurde, war ich bereits Student des ersten Studienjahres an der Fakultät für Romanistik und Germanistik, Fachrichtung Deutsch. Im Herbst kam einmal unser Dekan mit der Lehrstuhlleiterin für Deutsche Philologie in unsere Gruppe und stellte das Programm «Europäische Business Schule» vor.

Ich war sofort begeistert. Zwei Jahre Studium an der Universität, ein abschließendes Praktikum bei einem Unternehmen in Deutschland. Meine Eltern haben nicht einmal Bedenken gehabt; ich sollte zuerst einmal einen Vorbereitungskurs machen und im nächsten Jahr das Programm aufnehmen. Einige Studentinnen waren schon 2006 im Programm. 2007 habe ich das EBS-Studium begonnen.

Zugleich beteiligte sich Oktober 2007 die Stadt Krasnodar zum ersten Mal an der Messe «Offerta» mit einem großen Stand. Ich war unter den ersten 5 Studenten, die den Anfang einer neuen Tradition miterlebt hatten. Für mich war es damals eine einzigartige Möglichkeit, Deutschland zu besuchen. Ich war 17, vorher nie im Ausland gewesen, obwohl ich zu der Zeit schon 8 Jahre Deutsch gelernt hatte, ich hatte keine Deutschen getroffen und alles, was ich von Deutschland wusste, stammte aus den Büchern. Man kann sich vorstellen, wie begeistert ich war, damals mitgemacht zu haben und wie es mich motiviert hat, weiter an meinem Deutsch zu arbeiten.

Im Sommer 2007 kam ich nach Karlsruhe und verbrachte einen Monat an der Walter-Eucken-Schule. Auch das war für mich ein unvergessliches Erlebnis, denn es ging unseren Lehrern, vor allem Frau Jehle und Herrn Becherer, nicht nur darum, Kenntnisse zu vermitteln, sondern auch vielmehr einen Teil ihrer Kultur beizubringen. Für die Entwicklung meiner Sprachkenntnisse war der Besuch damals auch sehr wichtig. Nach einem Jahr habe ich mein Praktikum in Deutschland gemacht, was meine Kenntnisse auf ein höheres Niveau brachte. Aber auch die Bekanntschaft mit der deutschen Unternehmenskultur im Bereich Hotellerie und Gastronomie war höchst interessant.

2009 wurde auch das Programm für Schüler erweitert. Es war damals klar, dass EBS nicht nur für Germanistikstudentinnen von Interesse ist, sondern auch für Studenten anderer Fakultäten, die aber keinesfalls über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen, um an dem Programm überhaupt teilnehmen zu können.

Diese Kenntnisse parallel zu ihrem Hauptstudiengang zu vermitteln, ist nicht möglich. So muss man mit Deutsch bereits in der Schule anfangen. Hier ist noch anzumerken, dass Deutsch in den Schulen meist als zweite Fremdsprache angeboten wird, wenn überhaupt. Und es ist vorstellbar, was für ein Niveau die Schüler zum Ende ihrer Schulzeit erreichen können, wenn man bedenkt, dass eine Klasse von 20-30 Kindern zweimal in der Woche je 40 Minuten Deutsch bekommt. Europäische Business Schule für Schüler war damals mit Schwerpunkt auf eine mehrseitige Entwicklung des Kindes konzipiert, so kamen neben Unterricht zahlreiche Präsentationen, Treffen mit den deutschen Gästen, Literaturabende, Festivals und andere Aktivitäten dazu. Ich habe mich als Student und EBS-Absolvent dann auch aktiv engagiert. Und diese Arbeit mit den EBS-Schülern war einer der Faktoren, die mich dazu bewegt hatten, nach dem Studium an der Universität zu bleiben, denn ich habe das Lehren für mich tatsächlich entdeckt.

Teil II

  1. Gründe für die Errichtung der EBS für Studenten: zuerst Bedarf nach einer zusätzlichen international geltenden Qualifikation für die Germanistikstudentinnen. Dann kamen Studierende von den anderen Fakultäten und die Konzeption wurde erweitert. 
  2. Gründe für die Errichtung der EBS für Schüler: Mangel an Deutsch in den Schulen, Vorbereitung auf die EBS für Studenten, Vorbereitung auf das Studium in Deutschland
  3. Zielgruppe Studenten: Studenten aller Fakultäten ab dem 3. Semester
  4. Zielgruppe Schüler: alle an Deutsch interessierten, ab der 5. Klasse. Viele fangen erst bei uns mit Deutsch an, die anderen kommen bereits mit Vorkenntnissen.
  5. Alter der Schüler: in der 5. Klasse sind die Schüler etwa 12. Heutzutage haben wir mehr jüngere (1214) Schüler, weil unsere älteren in den letzten zwei Jahren sozusagen Abitur gemacht haben. Viele davon sind übrigens jetzt Germanistik- und EBS-Studenten und andere (drei) machen gerade ihr Praktikum in Baden-Württemberg.
  6. Die Teilnehmerzahl beim Studenten-Programm bleibt stabil. Von 5 bis 10 Studenten haben wir jedes Jahr im Hauptprogramm und etwa 10 Studenten im Vorbereitungskurs. Insgesamt ungefähr 20 bis 30, in den letzten Jahren eher 30.
  7. Die Teilnehmerzahl beim Schülerprogramm ist ebenfalls stabil. Wir haben etwa 40-50 Schüler. Da wir immer zugunsten der Effizienz nur kleine Gruppen von 5-7 Schülern bilden, gibt es wenige Möglichkeiten zur Vergrößerung.
  8. Die Schüler gehen nach Abschluss der EBS neue Wege. Sie gehen auf unsere Fakultät, in die EBS für Studenten, ins Ausland, nach Moskau. Je nach dem Wunsch der Eltern und ihrem Vermögen.
  9. Auswirkungen sind höchst positiv. Wir haben viel mehr vorbereitete Studenten. Sehr viele Studenten im 2., 3. und im 4. Studienjahr sind EBS-Absolventen, die Gruppen sind dabei sehr gut in Deutsch.
  10. Schüler haben viel mehr Möglichkeiten, eine Fremdsprache gut zu beherrschen, ins Ausland zu gehen, an der Deutscholympiade (Wettbewerb), an einem Schüleraustausch teilzunehmen. Sie können bei uns auch Goethe-Prüfungen machen. Die Zertifikate gelten beispielsweise bei der Bewerbung an einer deutschen bzw. österreichischen Universität.  

Vielleicht noch ein paar Thesen. 

  1. Städtepartnerschaft macht das Germanistikstudium lebendig. Im September haben die Studenten Übersetzungspraktikum, im Oktober auf der Offerta - interkulturelles Praktikum, im August machen einige Studenten jährlich ein Praktikum bei der Stadtverwaltung Karlsruhe, was immer eine große Bedeutung hat. Und immer wieder gibt es private und geschäftliche Besuche, Kongresse und sonstige Karlsruhe-bezogene Reisen und Besuche, wenn unsere Studenten im Einsatz sind. Hauptsache: man versteht, wozu man studiert. Kein anderer Lehrstuhl kann seinen Studenten etwas ungefähr Vergleichbares anbieten.
  2. Praktikum am Ende der EBS öffnet den Studenten neue Wege. Sie gehen in die Industrie, arbeiten bei der IHK, bei der Stadtverwaltung und ähnlichen Strukturen, in die sie ohne EBS mit ihrer Germanistikausbildung allein nie hineinspringen würden. Germanistik und Pädagogik ist nicht für alle, EBS ändert das. Eine ehemalige Studentin, die mit mir in der EBS war, hat einmal gesagt, sie wäre nie zu Bosch gegangen, wenn sie keine EBS hinter sich gehabt hätte.  

(Sergej Bychkov)

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